Pressemitteilung ·

Nach Anhörung im Petitionsausschuss: HNO-Ärzte fordern Entbudgetierung der Grundversorger

KBV-Vorstandsmitglieder Dr. Hofmeister und Dr. Gassen bei Anhörung im Petitionsausschuss: Wir brauchen die Entbudgetierung der Fachärzte Foto: Deutscher Bundestag

Anlässlich der gestrigen Anhörung im Petitionsausschuss fordert der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte (BVHNO) eine Entbudgetierung der grundversorgenden Facharztgruppen. „HNO-Praxen versorgen Patienten aller Altersgruppen, darunter einen großen Teil an Kindern und alten Menschen. Nicht nur in Gegenden, wo es keinen Hausarzt mehr gibt, stellen HNO-Ärztinnen und -Ärzte die Grundversorgung der Bevölkerung sicher. In der Infektsaison sind die Wartezimmer übervoll“, erklärt Prof. Dr. Jan Löhler, Präsident des BVHNO. Vor diesem Hintergrund sei es höchste Zeit, die Budgetgrenzen nicht nur für Kinder- und Hausärzte, sondern auch für die grundversorgenden Fachgruppen aufzuheben. Die Mehrkosten für die Gesetzliche Krankenversicherung seien überschaubar, so Löhler.

Die Bundestagspetition zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in der ambulanten Versorgung mit über einer halben Million Unterzeichnern sei ein deutliches Signal, endlich konkrete Hilfsmaßnahmen für die ambulante Versorgung zu ergreifen, so Löhler. „Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach hat bei der gestrigen Anhörung die Aussicht der ambulanten Versorgung treffend beschrieben. Es fehlen in naher Zukunft tausende Haus- und Fachärzte, um die ambulante Versorgung auf dem heutigen Niveau sicherzustellen. Gleichzeitig vermissen wir geeignete Gegenmaßnahmen, um den besorgniserregenden Trend aufzuhalten“, so der in Bad Bramstedt niedergelassene HNO-Arzt. Es sei eine Illusion zu glauben, dass allein mit Digitalisierung, Delegation an nicht-ärztliches Personal und einseitigen Hilfsmaßnahmen für Teile der ambulant tätigen Ärzteschaft das Problem zu lösen sei. „Mit rund 550 Millionen Behandlungsfällen pro Jahr leisten die Niedergelassenen den Löwenanteil der Versorgung in Deutschland. Statt Wertschätzung und einem offenen Ohr für die Probleme im ambulanten Bereich, antworten Politik und Krankenkassen jedoch reflexartig mit Verweis auf angeblich hohe Reinerträge – so auch gestern im Petitionsausschuss.“ Statt echter Unterstützung werden vage Reformschritte angekündigt, die nichts an den wirklichen Problemen ändern, kritisiert Löhler.

Finanzielle Verluste durch TSVG-Rückabwicklung

So werde von der aktuellen Bundesregierung massiv unterschätzt, was die Streichung der Neupatientenregelung für die Facharztpraxen bedeute, hebt Löhler hervor. „Dank der Vorgängerregierung gab es über drei Jahre eine echte Aufbruchstimmung innerhalb der HNO-Ärzteschaft. Es wurde neues Personal eingestellt, es wurden Investitionen getätigt und Rücklagen gebildet. Und vor allem konnten die Wartezeiten auf einen Facharzttermin spürbar gesenkt werden. Aktuell sehen sich die HNO-Praxen mit den teilweise drastischen finanziellen Folgen der Rückabwicklung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes konfrontiert.“ Das komme einem zusätzlichen Kahlschlag in der ambulanten Versorgung gleich, kritisiert der HNO-Präsident. „Über 35 Prozent der niedergelassenen HNO-Ärztinnen und -Ärzte sind über 60 Jahre alt und werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Wenn sich die Arbeitsbedingungen nicht deutlich verbessern, wird diese Ruhestandswelle nicht zu kompensieren sein“, warnt Löhler. Gleichzeitig gehe mit dem Renteneintritt der Babyboomer-Generation eine erhöhte Nachfrage nach HNO-ärztlicher Grundversorgung einher: „Wir werden mehr Hörstörungen, mehr Schwindelerkrankungen sowie aufgrund klimatischer Veränderung auch mehr allergologisch zu versorgende Patienten haben. Für diesen Bedarf brauchen wir eine intakte wohnortnahe Versorgung mit ausreichender finanzieller Ausstattung.“ Daher müsse endlich, neben der begrüßenswerten Entbudgtierung von Kinderärzten und Allgemeinmedizinern, auch die Entbudgetierung der fachärztlichen Grundversorgung folgen.

Die Anhörung im Petitionsausschuss sei allerdings an vielen Stellen von Unwissenheit und falschen Annahmen geprägt gewesen, erklärt HNO-Arzt Löhler weiter. „So schön es ist, dass man über Bürokratieabbau redet. Mehr Telemedizin, wie gestern im Ausschuss von Minister Lauterbach angekündigt und etwas weniger Regresse reichen längst nicht aus. Wer heute eine Arztpraxis führt, sieht sich mit einem regelrechten Wust an gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Anforderungen konfrontiert.“ Gerade im Hygienebereich würden die Anforderungen ständig weiter erhöht und für die Praxen teilweise praktisch unmöglich gemacht. Auch beim Datenschutz, dem Arbeitsschutz oder der Betriebsmedizin seien die Vorgaben der Ämter teilweise nicht mehr realistisch erfüllbar, berichtet Löhler. „Wenn zum Beispiel Hygieneauflagen für bestimmte Untersuchungen hochgeschraubt werden, muss auch eine entsprechende Gegenfinanzierung erfolgen. Da dies jedoch so gut wie nie erfolgt und bei den Krankenkassen alle berechtigten Forderungen abprallen, verschärft sich die Notlage der Kolleginnen und Kollegen von Tag zu Tag.“

Entbudgetierung am Patienten ausrichten

In Zeiten von Inflation, Fachkräftemangel und steigendem Behandlungsbedarf sei die Budgetierung ein überholtes Relikt, so Löhler. „Wenn wir in den kommenden Jahren viele Leistungen in die ambulante Medizin überführen werden, muss der Leistung auch das Geld folgen. Die Budgetierung ist allerdings genau das Gegenteil und am Ende nichts anderes als eine unbezahlte Rechnung auf Kosten der Leistungserbringer“, erklärt der BVHNO-Präsident. Auch sei das Silodenken der Gesundheitspolitik, bei dem immer nur in einzelnen Fachgruppen oder Sektoren gedacht werde, längst überholt. „Warum bekommt ein Kinderarzt für die Untersuchung eines Kindes den vollen Preis und ein HNO-Arzt bei der Behandlung des gleichen Kindes nur im Durchschnitt rund 80 Prozent der Vergütung?“ Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zeigten, dass mit einer überschaubaren Summe die Entbugetierung im ambulanten Bereich zu finanzieren sei, so Löhler. Dank steigender Löhne stiegen die GKV-Einnahmen derzeit um mehrere Milliarden pro Jahr.

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Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. vertritt die ideellen und wirtschaftlichen Interessen der HNO-Ärztinnen und -Ärzte in Praxis und Klinik. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen die fachliche Beratung von ärztlichen Organisationen, wie Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen sowie von Politik und anderen öffentlichen Einrichtungen. Der Verband unterstützt seine Mitglieder bei allen beruflichen Belangen und fördert mit der Organisation eigener Fortbildungsveranstaltungen den Wissenserwerb seiner Mitglieder.