Ausgabe 02/2023 ·

Adenoide Vegetationen – abwarten oder operieren?

Ärztin führt Mandeluntersuchung bei Mädchen durch
Hyperplasien der Rachenmandeln: Erhebliche Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung Pixel-Shot / Adobe Stock

Insbesondere bei Kindern im Vorschulalter sind Probleme mit der Rachenmandel oft Anlass für eine HNO-ärztliche Behandlung. Vor der Frage, ob operiert werden muss oder nicht, stehen HNO-Ärztinnen und Ärzte regelmäßig. Eine aktualisierte Leitlinie gibt Aufschluss.

Hyperplasien der Rachenmandeln sind zwar oft harmlos, können aber erhebliche Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung haben. Kinder mit einer vergrößerten Rachenmandel sind meist Mund-Atmer und schnarchen dadurch in der Nacht teils stark. Im schlimmsten Fall kann dies zur Ausbildung eines kindlichen Schlafapnoesyndroms führen. Zudem sind die Kinder durch den gestörten Schlaf schlecht aufnahmefähig, unruhig und oft müde. Weiterhin kann es im Bereich der nicht belüfteten Nase zu anhaltenden Infekten kommen. Besonders folgenschwer ist eine Beeinträchtigung des Hörvermögens bei vielen Kindern mit einer solchen Erkrankung. Durch die vergrößerte Rachenmandel wird dabei der Druckausgleich zwischen Nasenrachen und Mittelohr behindert und kann zu einer anhaltenden Hörminderung und folglich zu einer Störung der Sprachentwicklung führen.

Keine Evidenz für medikamentöse Behandlung

Die Autoren der aktuell überarbeiteten DGHNO-KHC-Leitlinie plädieren bei typischen Symptomen für eine fachärztliche Abklärung. Bei Kindern mit Verdacht auf adenoide Vegetationen sollten Ärztinnen und Ärzte gezielt nach verräterischen Begleitbeschwerden fahnden. Bei der symptomfreien Adenoid­hyperplasie genügt kontrolliertes Abwarten. Da es zum Nutzen einer medikamentösen Behandlung bisher keine Evidenz gibt, wird in der Leitlinie von der Anwendung systemischer Steroide, Antibiotika und Antihistaminika ausdrücklich abgeraten.

Eine Adenotomie wird empfohlen bei

  • mindestens vier Episoden einer rezidivierenden eitrigen Rhinorrhoe innerhalb der vergangenen zwölf Monate bei einem Kind unter zwölf Jahren,
  • Symptomen einer Adenoiditis nach zwei Antibiotikabehandlungen, von denen eine mit einem betalaktamasestabilen Wirkstoff über mindestens zwei Wochen erfolgte,
  • Otitis media mit Paukenerguss seit mehr als drei Monaten oder trotz Drainage,
  • rezidivierender akuter und chronischer Mittelohrentzündung mit Erguss bei Kindern ab vier Jahren,
  • Schlafstörungen mit behinderter Nasenatmung seit mindestens drei Monaten,
  • chronisch-rezidivierender Belüftungsstörungen des Mastoids,
  • Malokklusion oder Beeinträchtigung des orofazialen Wachstums sowie
  • geschlossenem Näseln.

Die Autoren der Leitlinie weisen darauf hin, dass die Adenotomie in der Regel ambulant erfolgen kann, eine dauerhafte Überwachung des Patienten durch Angehörige in den ersten 24 Stunden nach der OP aber sichergestellt werden muss. Grund ist das erhöhte Blutungsrisiko, das auch nach Ablauf der 24-Stunden-Frist noch besteht.

Die S2k-Leitlinie sowie die dazugehörige Patientenleitlinie stehen hier zum Download bereit.

Unterfinanzierung: HNO-Ärzte setzen OPs vorerst aus

Aufgrund langer Wartezeiten und schlechter Rahmenbedingungen machen die HNO-Ärzte seit Mitte Januar durch einen OP-Stopp auf einen Versorgungsnotstand bei ambulanten Operationen aufmerksam. Das Operieren von gesetzlich krankenversicherten Patienten ist chronisch unterfinanziert und führt dazu, dass eine qualitativ hochwertige Versorgung nicht mehr gewährleistet werden kann. Mit einer Online-Petition will der HNO-Berufsverband die Bevölkerung mit ins Boot holen und den Druck auf die Verantwortlichen erhöhen. Auf einer eigens dafür angelegten Webseite informiert der Verband ausführlich über die Hintergründe der Maßnahme.

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Autorin

Julia Bathelt

Redakteurin


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Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. vertritt die ideellen und wirtschaftlichen Interessen der HNO-Ärztinnen und -Ärzte in Praxis und Klinik. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen die fachliche Beratung von ärztlichen Organisationen, wie Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen sowie von Politik und anderen öffentlichen Einrichtungen. Der Verband unterstützt seine Mitglieder bei allen beruflichen Belangen und fördert mit der Organisation eigener Fortbildungsveranstaltungen den Wissenserwerb seiner Mitglieder.

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