Ausgabe 01/2022 ·

Digitalisierung: Ärzte offen, aber von Anwendungen enttäuscht

Patienten mit Gesundheitskarte an der Anmeldung in einer Arztpraxis
Fehleranfällige Technik behindert den Praxisalltag alex.pin/Adobe Stock

Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland stehen der Digitalisierung grundsätzlich offen gegenüber. Viele sind aber enttäuscht von den digitalen Lösungen, die derzeit für das Gesundheitswesen angeboten werden.

Über 90 Prozent der unter 50-jährigen Vertragsärzte sind mittlerweile an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen, doch die Anwendungen werden als unausgereift und wenig alltagstauglich wahrgenommen und führen zu Frust in den Praxen. Dies geht aus dem PraxisBarometer Digitalisierung 2021 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und des IGES Instituts hervor. Die Niedergelassenen kritisieren Fehleranfälligkeit und mangelnde Nutzerfreundlichkeit der Systeme sowie ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis. So haben 50 Prozent der Befragten mindestens einmal pro Woche mit Fehlern bei der TI-Nutzung zu kämpfen, 18 Prozent sogar täglich. Die KBV fordert deshalb, dass die versprochenen Vorteile der Digitalisierung auch in den Praxen ankommen müssten. Es sei notwendig, die neuen Anwendungen ausgiebig und mit genügend Vorlauf zu testen.

Als Lichtblick hat sich hingegen die Videosprechstunde gezeigt. Hier konnte eine digitale Lösung schnell und mit klarem Nutzen in den Praxisalltag integriert werden. Insbesondere in der Pandemie konnte dadurch die Versorgung gewährleistet und gleichzeitig die Zahl der Kontakte reduziert werden.

Fehleranfällige Technik schürt Skepsis

Der Digitalisierungsreport 2021 der DAK-Gesundheit hat unter den Ärztinnen und Ärzten sogar eine noch deutlichere Skepsis gegenüber digitalen Gesundheitslösungen ausgemacht als die KBV-Befragung. Demnach fühlen sich zwei Drittel der Befragten nicht ausreichend auf die Nutzung von TI-Anwendungen wie der elektronischen Patientenakte vorbereitet, fast die Hälfte fühlt sich damit überfordert. Auch hier wird die fehleranfällige Technik, die z. B. bei Updates zum Systemabsturz führt, bemängelt. Positiv werden hingegen digitale Anwendungen wie die elektronische Terminvergabe oder der elektronische Medikationsplan bewertet.

Die schlechten Noten für die TI basieren laut der DAK-Befragung auch auf der ungenügenden Einbindung der Ärzteschaft und einer Bevormundung durch Politik und gematik. DAK-Vorstand Andreas Storm fordert „eine neue Qualität der Zusammenarbeit. Entscheidend wird sein, sowohl die Ärztinnen und Ärzte als auch die Krankenkassen stärker einzubinden und die Digitalisierung mit ihnen gemeinsam zu gestalten – orientiert am Versorgungsalltag und am Nutzen für die Patientinnen und Patienten.“ Zudem müsse es eine ehrliche und schnelle Bestandsaufnahme der Probleme bei der Digitalisierung geben, so der Kassenchef.

Grundvertrauen in gematik erschüttert

Zuletzt hatten im Januar neu eingeführte, kontaktlose elektronische Gesundheitskarten ganze Kartenterminals in den Praxen lahmgelegt. Die KBV erklärte, dass das Grundvertrauen in die gematik dadurch zum wiederholten Male stark erschüttert worden sei. Die Körperschaft betonte, wie wichtig es sei, Komponenten vor der Einführung ausreichend zu testen.

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