Im vorliegenden Fall hatte eine Weiterbildungsassistentin zum 1. Februar 2016 einen Arbeitsvertrag für den ersten Abschnitt ihrer Weiterbildung in einer Gemeinschaftspraxis unterschrieben. Dieser sollte 42 Monate dauern. Um sicherzustellen, dass die Frau nicht vorzeitig kündigt, wurde im Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafe von drei Brutto-Monatsgehältern festgelegt, falls die Weiterbildungsassistentin nach der fünfmonatigen Probezeit und vor Ende der 42-monatigen Ausbildung kündigt.
Pauschal festgelegte Strafe von mehr als 13.000 Euro
Doch genau dieser Fall trat ein. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 28. Februar 2018. Sie begründete dies mit familiären Umständen, die einen Wohnortwechsel zu ihrem Ehemann zwingend notwendig machten. Ihr Arbeitgeber – mittlerweile ein MVZ als Rechtsnachfolgerin der Gemeinschaftspraxis – forderte daraufhin die Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe in Höhe von drei Brutto-Monatsgehältern. Diese beliefen sich auf insgesamt 13.305 Euro. Die Weiterbildungsassistentin weigerte sich, diese Vertragsstrafe zu zahlen, und reichte Klage vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg ein.
Sowohl das Landesarbeitsgericht als auch später das Bundesarbeitsgericht urteilten, dass die Weiterbildungsassistentin mit einer Vertragsstrafe von 13.305 Euro „unangemessen benachteiligt“ worden sei. Als Grund nannten die Gerichte die Höhe der pauschal festgelegten Vertragsstrafe.
Zeitpunkt der Kündigung spielt eine Rolle
Eine Vertragsstrafe von mehr als einem Brutto-Monatsgehalt sei zwar nicht generell unangemessen, urteilten die Richter, es müsse aber jeder Einzelfall geprüft werden. Im vorliegenden Fall bewerteten sie die Höhe der Vertragsstrafe allerdings als unangemessen. Sie begründeten dies damit, dass die Strafe unabhängig vom Zeitpunkt der Kündigung – also sowohl direkt nach der Probezeit als auch kurz vor Ende der Ausbildung – immer gleich hoch sei.
So sei der Aufwand für den Arbeitgeber, einen neuen Weiterbildungsassistenten zu finden und einzuarbeiten, kurz nach dem Ende der Probezeit noch überschaubar, während er zum Ende der Ausbildung deutlich größer sei. Eine pauschale Vertragsstrafe von drei Brutto-Monatsgehältern sei daher nicht gerechtfertigt. Hinzu komme, dass bei einer Kündigung während der Probezeit überhaupt keine Vertragsstrafe fällig werde, so das Gericht.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 20. Oktober 2022
Az.: 8 AZR 332/21