Ausgabe 01/2017 ·

Schwanger in der Weiterbildung – keine Panik!

Positiver Schwangerschaftstest
„Darf ich schwanger noch operieren?“ Africa Studio – Fotolia.com

Viele Ärztinnen werden während ihrer Weiterbildungszeit schwanger. Was früher oft zu Schwierigkeiten mit den Vorgesetzten führte, wird heute von vielen Kliniken und Arztpraxen lockerer gesehen. In der Regel können schwangere Assistentinnen bis zum Mutterschutz weiterarbeiten. Eine gute Planung und die rechtzeitige Einbindung des Arbeitgebers sind jedoch unerlässlich.

Es ist noch nicht lange her, als ein positiver Schwangerschaftstest mitten in der Assistenzzeit mehr Sorge als Vorfreude auslöste. Kann ich in der Schwangerschaft weiterarbeiten wie bisher? Welche Aufgaben und Dienste werden mir zugeteilt? Darf ich noch operieren? Wie läuft der Wiedereinstieg? Viele Ängste waren nicht unbegründet. Die meist männlichen Vorgesetzten machten oft keinen Hehl daraus, von derartigen Unterbrechungen nicht viel zu halten. Männliche Bewerber wurden häufig bevorzugt. Mit der Schwangerschaft einer Assistentin sahen sich viele Chefs in ihren Vorurteilen bestätigt. Den jungen Frauen drohte die Verbannung in die Dokumentation oder gar ein Beschäftigungsverbot durch den Betriebsarzt.

Schwangere bekommen Blumenstrauß

Für Chefarzt Dr. Holger Herzing sind Babys ein Grund zum Feiern und nicht zum Trauern. Wenn eine seiner Assistenzärztinnen schwanger werde, bekomme sie einen Blumenstrauß, berichtet der Leiter der Allgemein- und Unfallchirurgie des Kreiskrankenhauses St. Anna Höchstadt in einem Interview mit der „Zeitschrift für Frauen in der Medizin“. In seinem Haus seien Weiterbildung und Mutterschutz gut vereinbar. Bei Vorstellungsgesprächen spreche er das Thema Familienplanung daher offen an. Den oft entgeistert schauenden Frauen sage er dann, „Wenn Sie bei uns anfangen, dürfen Sie auch schwanger werden.“ Seine Beweggründe erklärt Herzing mit den massiven Nachwuchsproblemen seines Fachgebiets. Ohne die Frauen werde aus dem Zweig Chirurgie bald ein verdorrter Zweig. Außerdem bleibe den jungen Ärztinnen keine große Wahl: „Wann sollen Frauen denn ihre Kinder bekommen? Wenn sie Chefärztinnen sind? Wenn sie 40 Jahre und älter sind?“

Neben solchen Positiv-Beispielen wird der Weg zur Fachärztin mit Familie von vielen immer noch als steinig empfunden. Neben dem Verlust von Weiterbildungszeiten während Schwangerschaft und Elternzeit, droht auch der Verlust der zeitlichen Flexibilität. Überstunden oder Notfalleinsätze, wie sie an Kliniken üblich sind, sind mit Kinderbetreuung faktisch nicht vereinbar. Nicht zuletzt befürchten viele außerdem, dass Kollegen, die keine Elternzeit genommen haben, bei Beförderungsentscheidungen, weiterbildungsrelevanten Rotationen oder in der OP-Planung bevorzugt werden. Völlig aus der Luft gegriffen, sind die Ängste nicht. So hoch die Zahl der weiterbildungsberechtigten Kliniken ist, so unterschiedlich dürfte der Umgang mit dem Thema im jeweiligen Krankenhaus sein. Gleiches gilt für die rund 1.100 niedergelassenen Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, die eine Ermächtigung zur Weiterbildung haben.

Pauschale Beschäftigungsverbote sind unzulässig

Seit einer kürzlich beschlossenen Änderung des Mutterschutzgesetzes sind pauschale Beschäftigungsverbote für Schwangere grundsätzlich nicht mehr erlaubt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein Gespräch anzubieten, wie die Arbeitsbedingungen an die neue Situation angepasst werden können. Dazu gehört eine individuelle Gefährdungsbeurteilung. Tabu sind fortan alle Arbeiten mit Blut und infektiösem Material. Gleichzeitig sind damit jegliche operativen und invasiven Tätigkeiten verboten. Auch Arbeiten mit Strahlenexposition dürfen Schwangere nicht mehr machen. Nacht- und Wochenenddienste haben ein Ende, ebenso langes Stehen und schweres Heben. Auch die Arbeitszeit ist jetzt beschränkt. Zulässig sind maximal 8,5 Stunden am Tag oder 90 Stunden innerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Wochen.

Wem das zu weit geht, der kann das Beschäftigungsverbot leicht außer Kraft setzen. Auf eigenen Wunsch kann sich die Schwangere jederzeit zur vollen Arbeitsleistung bereit erklären. Endgültig vorbei ist es erst in den letzten sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. Die Beschäftigung werdender Mütter ist dann grundsätzlich verboten. Nach der Geburt gilt ein mindestens achtwöchiger Mutterschutz.

Frühzeitig mit Arbeitgeber sprechen

Für einen reibungslosen Ablauf empfiehlt es sich, frühzeitig das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Beim ersten Gespräch wird die Schwangerschaft bekanntgegeben. Gemeinsam kann hier überlegt werden, wo die Assistenzärztin mit der Weiterbildung steht und welche Inhalte trotz Mutterschutz möglich sind. Das zweite Gespräch sollte kurz vor Beginn des Mutterschutzes stattfinden. Hier werden der Weiterbildungsfortschritt während der Schwangerschaft sowie die Dauer der anstehenden Elternzeit besprochen. Auch Fragen zu einer möglichen Teilzeitarbeit nach der Rückkehr können geklärt werden. Kurz vor Ende der Elternzeit empfiehlt sich ein drittes Treffen. Hier werden der nächste Einsatz und die weitere Weiterbildung geplant.

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Autorin

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Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. vertritt die ideellen und wirtschaftlichen Interessen der HNO-Ärztinnen und -Ärzte in Praxis und Klinik. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen die fachliche Beratung von ärztlichen Organisationen, wie Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen sowie von Politik und anderen öffentlichen Einrichtungen. Der Verband unterstützt seine Mitglieder bei allen beruflichen Belangen und fördert mit der Organisation eigener Fortbildungsveranstaltungen den Wissenserwerb seiner Mitglieder.

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