Im Herbst sei ein paralleler Anstieg von SARS-CoV-2, Influenza und RSV zu erwarten, da die Grundimmunisierung in den letzten beiden Saisons reduziert war, erklärt das RKI in seiner aktuellen Herbst-Winter-Strategie. „Das gemeinsame Auftreten dieser Infektionskrankheiten kann zu einer deutlichen Gesundheitsbelastung durch die Erkrankungen selbst und zusätzlich durch sekundäre Pneumonien führen“, heißt es in dem Papier. Das RKI schlägt vor, Präventions- und Versorgungsmöglichkeiten zu Influenza, RSV-Erkrankungen und Pneumonien – insbesondere bei Kindern und in der älteren Bevölkerung – rechtzeitig vorzubereiten. Impfstoffe sollten frühzeitig bestellt, gelagert und eine umfangreiche Informationskampagne initiiert werden.
Gefahr für Neugeborene und Risikogruppen
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) löst Husten, Schnupfen und Fieber aus. RS-Viren sind eine der häufigsten Ursachen für Bronchiolitis und Lungenentzündung bei Kindern unter einem Jahr. Im Alter von zwei Jahren haben mehr als 90 Prozent der Kinder mindestens eine RSV-Infektion durchgemacht. Für Risikogruppen wie Neugeborene, Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen und angeborenen Herzfehlern sowie Patienten mit geschwächtem Immunsystem kann das Virus sehr schnell gefährlich werden und zu Krankenhauseinweisungen führen.
Durch die Schutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie ist die Grippe- und Erkältungssaison nahezu komplett ausgeblieben. Normalerweise treten die meisten RSV-Infektionen in Mitteleuropa zwischen November und April auf, doch in dieser Zeit war es 2020/21 ruhig. Kinder konnten somit keine Immunisierung durchlaufen. Durch die Lockerung der Corona-Maßnahmen und die Öffnung von Schulen und Kitas sind Kinder jetzt wieder verstärkt gefährdet. Fachleute erwarten eine Verschiebung der RSV-Welle in die Sommer- oder Herbstmonate. Sowohl Frankreich als auch die Schweiz und Großbritannien melden bereits vermehrt RSV-Infektionen bei Kindern.
Saisonale Gegebenheiten außer Kraft gesetzt
Auch in Australien hat man eine solche Verschiebung bereits beobachten können. Einer Studie zufolge hat es in der Saison 2020/21 eine Reduktion von RSV-Fällen um 98 Prozent gegeben. Gründe waren Kontaktbeschränkungen, Homeoffice und Schulschließungen. Nach der Öffnung von Schulen und Betreuungseinrichtungen kam es zu einer antizyklischen Zunahme von Infektionen mit dem RS-Virus. Dies zeige einfach noch mal schön, wie das Zusammenspiel zwischen Viren und Menschen sei, erklärte die Virologin Sandra Ciesek bereits im März in ihrem NDR-Podcast „Coronavirus-Update“. Die künstlichen Bedingungen der Kontaktbeschränkungen hätten auch Einfluss auf andere Viruserkrankungen und deren Häufigkeit und führten zu einer künstlichen Verschiebung.
Nach einem infektarmen Winter sollten sich HNO-Ärztinnen und -Ärzte für den kommenden Herbst also nicht nur auf COVID-Patienten einstellen, sondern auch auf eine vorgezogene RSV-Welle.
Download:
Information vom RKI „Vorbereitung auf den Herbst/Winter 2021/22“ (Stand: 22.07.2021)